38855 Silstedt OT von Wernigerode, Mühlenstraße 3, Landkreis Harz
Koordinaten: 51.863416, 10.850062
Eigentümer(in): privat
Das Objekt ist nicht als Kulturdenkmal ausgewiesen.
ehemalige Wassermühle, Wasserlauf: Silstedter Bach
Nutzungsarten: Getreidemühle, Sägemühle
Baujahr, 1540 (s.u.), Betrieb bis ca. 1955 (zuletzt nur noch als Schrotmühle und Sägewerk)
Zustand: abgebrochen
Die Gemeinde-Untermühlemühle (von den Silstedtern auch "Regensteinmühle" genannt), wurde 1540 durch den Grafen zu
Regenstein und Heimburg errichtet und in Lehen gegeben. Sie ist nicht zu verwechseln mit der Regensteinmühle bei
Blankenburg (Harz)
Es handelte sich auch hier um eine relativ kleine Handwerksmühle, die im Grunde nur wegen der Hartnäckigkeit
und der langjährigen Tradition der Müllerfamilien betrieben wurde. Wirtschaftlich hatte sie längst keine Bedeutung mehr.
- Ursprünglich Besitz des Grafen von Regenstein-Heimburg, sie hatten die Mühle 1540 errichten lassen und
gaben sie seitdem in Pacht. Erster Müller war wohl Miechel Köbler.
- 1590 wurde die Mühle von der Witwe Gräfin Barbara zu Regenstein an die Gemeinde Silstedt verkauft. Von da
an wurde die Mühle alle paar Jahre zur Verpachtung ausgeschrieben.
- Um 1657 war der Müllermeister Henning Wahnemann (genannt der "Niedermüller") Pächter. Sein Nachfolger war
Henning Schrader.
- 1689 ist als "Niedermüller" Jacob Fischer im Kirchenbuch verzeichnet, 1695 der Müller Peter Mühlberg.
- 1714 ist Andreas Meyer Müller auf der Untermühle, ihm folgt Just Wilhelm Puch aus Wegeleben. Puch war zuvor
Pächter der Obermühle gewesen.
- Von 1732 - 1742 ist Andreas Knopf hier Untermüller, er starb mit 56 Jahren an einem Schlaganfall.
- Die Witwe heiratet den Wienröder Müller Heinrich Anton Schröder, dieser betreibt die Mühle bis 1758 in Pacht
und zahlt jährlich 77 - 80 Taler an die Gemeinde. (Meist kamen dazu noch andere Abgaben wie z.B. Korn für den
Kuh- oder Schafhirten, die Versorgung von Zuchtbullen und Zuchtebern usw.)
- 1758 - 1770 ist Friedrich Jäger hier Müller, ihm folgt 1770 Wilhelm Buch, er bleibt 3 Jahre hier auf der
Mühle und wird von Emilius Ludwig Matthias abgelöst. Dieser hat wohl schlecht gewirtschaftet, denn er konnte
die Pacht nicht zahlen. Er wird wiederum von der Familie Buch abgelöst. Buch und sein Bürge Henning Mänz unterschreiben
den Pachtvertrag jeder mit drei Kreuzen...
Inzwischen ist die Pacht auf 142 Taler jährlich gestiegen, wird aber 1785 auf 120 Taler reduziert.
- 1797/1798 ist der Müller Christian Johann Decker hier ansässig, er stirbt mit nur 50 Jahren, seine Familie
bewirtschaftet die Mühle weiterhin. 1797 wird für die Mühle eine neue Wasserradwelle aus Abbenrode gekauft,
sie kostete damals 3 Taler und 6 Gute Groschen.
- Die Witwe Decker heiratet im Jahr 1805 einen Mahlmüller aus Halberstadt, Franz Heinrich Bodemann.
- 1805 wird der Sohn Johann Christian Decker hier als Müller benannt, er kommt allerdings seiner Pachtverpflichtung
nicht nach. Also wurde die Pacht 1806 an den damals 39-jährigen Müller Christian Johann Valentin Buch übertragen.
- Später wird ein Wilhelm Buch als Müller hier benannt, es ist jedoch unbekannt ob bzw. in welchem verwandtschaftlichen
Verhältnis Christian und Wilhelm zueinander standen. Von ihm wird es später heißen, er habe "sich seinen Pflichten
untergeordnet, er begegnete seinen Mahlgästen ordentlich, er sei ein guter und vernünftiger Mahlmüller."
- Christian Buch hatte 1812 die Untermühle übernommen und in den nächsten 6 Jahren die Pacht inne. Außerdem steht
geschrieben, dass er in dieser Zeit die "Mühle als baufällige Gebäude übernommen" und wieder in einen "guten
Zustand gebracht" habe.
- Inzwischen betrug die Pacht "nur" noch 100 Taler aber der Pächter musste dem Kuhhirten im Sommer 9 Scheffel
Roggen und 9 Scheffel Gerste und alle 14 Tage je einen Scheffel Roggen und Gerste kostenlos liefern. Ein Scheffel
hatte damals in Silstedt ca. 50 Liter Rauminhalt.
- 1818 verlängert Buch die Pacht um weitere 6 Jahre, die Mühle hatte zu der Zeit 2 Mahlgänge.
- 1820 jedoch wurde die Mühle schon wegen einer Neuverpachtung von 2 Müllermeistern begutachtet. der neue
Pächter war Friedrich Schicke, er musste 110 Taler Pacht zahlen. 1824 wurde die Mühle um einen Graupengang
erweitert.
- 1831 zeigte sich die Gemeinde mit dem Pächter uneins, bei der Neuverpachtung gab es 30 Gebote und der Karl
Bollmann erhielt für 145 Taler jährlich den Zuschlag. er blieb bis 1844 auf der Mühle und auch bei der dann
folgenden Neuverpachtung bekam Bollmann für die Pachtsumme von 216 Talern jährlich, erneut den Zuschlag. Erst
bei der nächsten Neuverpachtung im Jahr 1850 zog Müller Bollmann den Kürzeren und verschwand darauf mitsamt
Familie aus Silstedt.
- Ab dem 1.7.1850 ist Heinrich Böthel der Untermüller, er hat die Mühle jedoch so weit heruntergewirtschaftet,
dass es schon 1853 zu einem Gerichtsprozess kommt. Böthel verliert, muss die Pacht abgeben, bleibt aber dennoch
mit Erlaubnis der Gemeinde hier wohnen.
- Erst 1857 nach einem erneuten Gerichtsprozess muss Böthel die Mühle räumen, der Pachtvertrag wird endgültig
für aufgehoben erklärt. Trotzdem erlaubt der Dorfschulze Bergmann dem Böthel in der Mühle zu bleiben, bis es zur
Neuverpachtung oder einem Verkauf kommt.
- 1958 kauft dann der Müller Ziebe die Mühle zu einem Preis von 4.700 Talern mit "allem Drum und Dran". Ziebe
baute um, setzte die Gebäude in Stand, baute eine neue Scheune und schließlich noch ein Sägegatter, welches mit
Wasserkraft betrieben wurde, dazu.
- Die Familie Ziebe betrieb die Eigentumsmühle bis zum Jahr 1900, da verstarb der letzte Müller Friedrich Ziebe
junior. Die Witwe zog zu Verwandten und verpachtete die Mühle an einen Karl Friedrich Bormann. Der kaufte schließlich
die Mühle 1914 für 24.000 Mark, 1928 übernahm der Sohn Gustav als gelernter Müller die Mühle. Der soll sich mit
etlichen Neuerungen und Umbauten so verschuldet haben, dass er schließlich 1933 die Mühle an eine
Familie Krüger verkaufte.
- In den Folgejahren waren hier mehrere Personen in Lohn und Brot, selbst Bormanns blieben hier wohnen und als
Karl Bormann im Jahr 1947 80-jährig starb, war ein Sägemüller Willy Krüger Hausherr. Die abziehenden russischen
Soldaten nahmen einen Mehlmahlgang und den Motor der Dreschanlage mit, somit blieben nur ein Schrotgang und
das Sägegatter übrig.
- Hinzu kam, dass die Mühle mit Einquartierungen von Vertriebenen, Ausgebombten und Flüchtlingen so vollgestopft
war, dass kaum Platz für die Besitzer blieb. Dieser Zustand hielt bis Ende der 50er Jahre an.
- Das Sägegatter, bis 1955 noch in Betrieb wurde dann 1971 abgerissen, die Mühle diente fortan nur als
Wohnhaus, bis sie um 2015 einem neuen Wohnhaus weichen musste.
Untermühle Silstedt 2006
Silstedt, Standort der ehem. Untermühle im Jahr 2018 © W.S.
Die umfangreichen Angaben zur Mühle und das alte Foto stellte Ortschronist M.B. zur Verfügung. Herzlichen Dank für die Mühe W.S.