Halberstadts Mühlen

Mühlen in und um Halberstadt

Um 1650

Halberstadt soll bereits im 17. Jahrhundert ein recht große Stadt gewesen sein, die Einwohnerzahl betrug damals wohl schon 10.000. Mit der zu Beginn des 19. Jahrhunderts einsetzenden industriellen Entwicklung stieg die Einwohnerzahl bis 1847 auf 19.751 [1]. All diese Menschen wollten ernährt sein, dazu bedurfte es gewiss mehrerer Mühlen.
Die um 1650 gedruckte Karte von Merian zeigt neben der Halberstädter Stadtbefestigung allein 4 Mühlen im Stadtgebiet bzw. in unmittelbarer Nähe der Stadtmauern.
Stadtbefestigungen, Merian 1650
Das waren:
  • P im Westen die Münnichmühle;
  • O im Nordwesten die Mühle am St. Burckhartsthor;
  • H die Portgenmühl nahe des Neustädter Kirchhofes;
  • M die Newe (neue) Mühl;

Um 1710

Im Buch "Privilegiert in engen Grenzen" über den Halberstädter Hofjuden Berend Lehmann [2] Kapitel 2, Seite 86 ff. finden sich Hinweise auf eine weitere Mühle aus jener Zeit. In einem, auf den Dezember 1707 datierten Bericht der Halberstädter Regierung an König Friedrich I. geht es um Rechtsstreitigkeiten beim Bau des Hauses "am Waßer" (das ist der Gebäudekomplex Bakenstraße 37 a und b unterhalb des Domberges). Hierin ist u.a. von der Mühle an einem Nebenarm der Holtzemme (Holtemme) die Rede, zudem ist dem Bericht eine Grundrisszeichnung [2] Abb. 17, Klein Venedig) beigefügt, die ein unterschlächtiges Wasserrad im Flusslauf zeigt.
Nr. 4 - das Gebäude rechts des Flusses ist die ehemals königliche Wassermühle, wahrscheinlich zuvor eine bischöfliche Mühle.
Der Häuserkomplex Bakenstraße 37 - Klein Venedig
Um die Ernährung sicherzustellen muss es in dieser Zeit in und um Halberstadt eine recht große Zahl von Mühlen gegeben haben. In der Dissertationsschrift [1] ist z.B. auf Seite 6 zu lesen

Zitat Anfang: "In 24 großen Ölmühlen kamen Raps-, Mohn-und Leinsamen zur Verarbeitung. Halberstadt gelangte erneut zu wirtschaftlicher Blüte. Der Handel mit einheimischen Produkten wie, Getreide, Hülsenfrüchten, Lein-, Raps-, Rüben-und Mohnsamen nahm seinen Aufschwung." Zitat Ende

Man muss davon ausgehen, dass ein Teil dieser Ölmühlen auch zugleich Getreidemühlen waren. Außerdem wird es noch andere Mühlen gegeben haben, so z.B. ist im Gebiet des heutigen Schlachthofes eine ehemalige Knochenmühle nachgewiesen, im Dorf Wehrstedt sind 4 Wassermühlen bekannt usw.
  Lage der Knochenmühle im Süden der Stadt
Zieht man andere Kartenwerke zu Rate zeigt sich, dass es im Bereich der Holtemme zahlreiche Wassermühlen gab, von denen tatsächlich noch einige existieren. Da wären z.B. von West nach Ost (also in Fließrichtung) die

  • Wichhäuser Mühle (noch vorhanden);
  • eine Walkmühle bei Mahndorf;
  • Bunte Mühle;
  • Alverdesmühle;
  • Rathsmühle;
  • Schleichmühle;
  • Wedigsmühle;
  • Walkmühle;
  • Dankmühle;
  • weitere 3 unbenannte Mühlen westlich der Stadt;
  • zwei Mühlen im Stadtgebiet;
  • zwei unbenannte Mühlen an der östlichen Stadtgrenze;
  • Schanzmühle;
  • Rathsmühle;
  • Warmholzmühle (wird immer wieder mit der 'Geistmühle' gleichgesetzt, was jedoch falsch ist).
  • Gestmühle (später Geistmühle) um 1900 abgebrannt und nicht wieder aufgebaut und schließlich;
  • Am westlichen Ortsrand von Groß Quenstedt die Gundelsmühle;

Ein Auschnitt aus der "Mappa specialis PRINZIPATUS HALBERSTADIENSIS, Nürnberg 1750 zeigt diese Mühlen an.
Mühlen an der Holtemme

Heute sind diese Mühlen fast völlig verschwunden, außer der Pension "Ratsmühle" am Hohen Weg 1 und der Warmholzmühle Am Anger 2 (Wehrstedt) und einigen Fundamentresten der ehemals Dosquet'schen Mühle am Mühlenweg 1 sind im unmittelbaren Stadtgebiet wohl keine Mühlen mehr nachweisbar.
Anders hingegen sieht das schon in der Umgebung aus. Hier sind tatsächlich Mühlen und Mühlengrundstücke vorhanden und werden noch bewohnt. Da wären die Wichhäuser Mühle, die Veltenmühle, Kahmanns Mühle und die Farbenmühle (ruinös) im Westen der Stadt.
Im Osten die Wassermühle der Familie Schulze in Groß Quenstedt kurz vor der Einmündung des Assebaches in die Holtemme.
Im Süden der Stadt die "Pfeffermühle" am Goldbach nahe des Spiegelsbergenweges und die Molkenmühle im Südosten der Stadt, ca. 800 m südlich der großen Getreidesilos der Magdeburger Getreide GmbH (Lager Halberstadt).
Die einzige, fast vollständig erhaltene Mühle in Halberstadt bzw. unmittelbarer Umgebung ist die Wassermühle Klein Quenstedt.

Literatur:
[1] Dissertation "Zur Entwicklung der Zahnheilkunde in Halberstadt in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts" zur Erlangung des akademischen Grades Doctor medicinae dentariae (Dr. med. dent.) vorgelegt der Medizinischen Fakultät der Charité Universitätsmedizin Berlin von Steffi Kubiak aus Dedeleben, Datum der Promotion 15.12.2006, Kapitel 2, Seiten 6-7

[2] Privilegiert in engen Grenzen, Neue Beiträge zu Leben, Wirken und Umfeld des Halberstädter Hofjuden (1661 - 1730) von Bernd Strobach,
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aktualisiert Montag d. 13.06.2022