Hädicke-Mühle Brehna
Windmühle Brehna 1, Hädicke-Mühle
Die Mühle ist bei der DGM registriert.
06796 Brehna OT von Sandersdorf-Brehna, Quetzer Weg 9, Landkreis Anhalt-Bitterfeld
Koordinaten: 51.561644, 12.201361
Eigentümer(in): privat
Das Objekt ist als Kulturdenkmal ausgewiesen. - Erfassungsnummer: 094 05216
Rollbockmühle, Jalousieflügel, Flügel Ø 19m
Nutzungsarten: Getreidemühle

Baujahr: 1845, Mahlbetrieb bis: 1991
Zustand: sehr gut
Meinen Informationen zufolge gilt diese Mühle als eine der besterhaltenen Windmühlen in Mitteldeutschland.

Technik: Die Ausstattung von 1947 ist komplett und funktionstüchtig erhalten: Schrotgang mit Stockgetriebe, 2 Walzenstühle, Haferquetsche, stehende Mischmaschine, Plansichter, Fahrstuhl, pneumatische Mahlgutförderung und Elevatoren.
Die Mühle verfügte schon immer über ein Jalousieflügelkreuz, das wurde 1972 in Eigenleistung erneuert und ist noch immer funktionstüchtig.
Kulturgeschichte: Anders als bei den meisten Mühlen hat es hier keine "Phase eines Verfalls" gegeben, die Mühle ist immer genutzt und gepflegt worden, so dass sie heute in einem wirklich guten Zustand zu besichtigen ist.

Die Mühle wurde 1845 gebaut, 1947 erneuert und dabei untermauert. Seitdem gibt es den hochgelegten Rollenkranz. Entstanden ist so eine "Mischung" aus einer ehemaligen Bockwindmühle und einer Paltrockmühle, die Vordrehung erfolgt bei dieser Mühle noch mittels des Sterz (oder Steerts).
Diese Bauform unterscheidet sich in einigen wesentlichen Details von einer "echten" Paltrockmühle.

  • Eines der augenfälligsten Unterscheidungsmerkmale ist die Tatsache, dass der Rollenkranz wesentlich höher, auf einem gemauerten Ring in ca. 3m Höhe liegt. Demnach ist das unterste Mühlengeschoss zwar eine willkommene Vergrößerung der verfügbaren Flächen, kann aber nur dann zur Aufstellung und zum Antrieb von Maschinen mittels Windkraft genutzt werden, wenn eine 'Königswelle' eingebaut wird. (Was z. B. in der Mühle Breitenhagen erfolgt war.)

  • Der für 'echte' Paltrockmühlen obligatorische Dreh- oder Zentrierzapfen fehlt in solchen Mühlen, er wäre über die Raumhöhe statisch kaum herstellbar.

  • Solange die Mühle drehbar sein soll, muss eine Außentreppe angehängt werden, ähnlich wie bei den Bockwindmühlen. Paltrockmühlen hingegen haben den Zugang in Erdbodennähe, so dass Treppen ins Innere verlegt wurden, was nicht nur bequemer sondern auch in jeglicher Hinsicht sicherer ist.

  • Üblicherweise haben Paltrockmühlen eine automatische Vordrehung in den Wind, was über eine Windrose mit entsprechenden Getriebeteilen und einen Zahnkranz am äußeren Umfang des Drehkranzes realisiert wird. Die hier beschriebene Mühle wird jedoch nach wie vor mittels des Sterz oder Steerts in den Wind gedreht.


Aufgrund der hier aufgeführten Merkmale wird diese Bauform von einigen Fachleuten als "Rollbockmühle" bezeichnet, z.B. hier: Besonderheiten der Timmerlaher Mühle)

Der sogenannte "Dreh- oder Zentrierzapfen" ist üblicherweise im "Mühlenkeller" mit einem soliden Fundament versehen und sorgt dafür, dass die Paltrockmühle bei defekten Spurrollen oder Schienen nicht vom Drehkranz herunterläuft. Eine zusätzliche Sicherung, die es so bei den Mühlen mit höhergelegten Rollenkränzen meines Wissens zufolge nicht gibt. Gut erkennbar sind diese Zapfen auf den Abbildungen zur ehemaligen Paltrockmühle in Großhennersdorf (Sachsen) Bergstraße 4. Ein Bild dazu von Günter Rapp findet sich in der Deutschen Fotothek mit der Objektnummer 70512121.

Ein anderes Bild vom wahrscheinlich letzten Paltrockmühlenneubau in Deutschland findet sich im Jahrbuch der Müllerei von 1951 auf der Seite 98, Abbildung 1 oben.

Arbeiten am Fundament und Boden einer Paltrockwindmühle im Jahr 1950 Sehr gut erkennbar sind trotz der bescheidenen Bildqualität der Rollenkranz mit den Laufschienen, der Dreh- oder Zentrierzapfen, der gemauerte Sockel mit dem äußeren Zahnkranz, Teil der automatischen Drehvorrichtung mittels Windrose und Getriebe sowie der Aufbau des unteren Mühlenbodens. Im Hintergrund sind Teile des Mühlengehöfts bei Köckern zu sehen.

Die Hädicke-Mühle Brehna ist nun in mehrfacher Hinsicht wirklich bemerkenswert. Es war bei den meisten Bockwindmühlen wohl so, dass sie unrentabel geworden ihrer Maschinen 'beraubt' wurden. Oftmals verwendete man die Technik für die Einrichtung einer Motormühle, um sich vom launischen Wind unabhängig zu machen, mehr Lagerfläche zu gewinnen und andere Arbeitserleichterungen herbeizuführen. Am Ende verfielen schließlich die meisten Windmühlen, bis Wind, Wetter, holzzerstörende Schädlinge und Pilze die Konstruktion zusammenbrechen ließen oder Brandstifter die alten Zeugnisse der Mühlenbaukunst in Rauch und Flammen aufgehen ließen. Nicht wenige Mühlen wurden auch mittels Traktoren umgerissen und zu Feuerholz verarbeitet.
Hier hingegen setzte man konsequent nicht nur auf den Erhalt der Mühle sondern schuf Voraussetzungen, die Arbeit zu erleichtern und die Produktqualität entscheidend zu verbessern. Soweit bekannt, ist die Hädicke-Mühle weit und breit die einzige Windmühle mit pneumatischer Mahlgutführung. (Hier erkennbar an dem erkerartigen Dachaufbau, damit war Platz für die Pneumatik geschaffen worden.)

Die Hädicke-Windmühle in ihrer ganzen Erhabenheit
Das Foto stellte MF H. B. freundlicherweise zur Verfügung, es ist datiert auf den 19. April 2008.
Üblicherweise öffnet die Mühle zum Pfingstmontag und zum Tag des offenen Denkmals ihre Pforte zur Besichtigung.

Zwischen den Windmühlen Brehna 1 und Brehna 2 (der Schmidt-Mühle) liegen 725m Luftlinie. Zu Brehna gehört seit 1930 der Ort Kitzendorf, somit sind für Brehna insgesamt 3 Windmühlen verzeichnet. Leider ist die Bockwindmühle in Kitzendorf einst zur Motormühle umgebaut und mit einem massiven Anbau versehen worden. Für den Erhalt dieser Mühle konnte allerdings bislang wenig oder nichts getan werden, sie ist ruinös, steht aber dennoch unter Denkmalschutz.



aktualisiert Montag d. 13.06.2022